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Internetsucht – Wenn der Drang online zu sein zum Lebensinhalt wird

Immer länger, immer öfter, immer unkontrollierter und alternativloser ins world wide web eintauchen und die reale Welt vernachlässigen – Das ist ein Warnzeichen für die Computer- oder Internetsucht. 2 bis 4 Prozent der Österreicher:innen gelten als süchtig, bei den Jugendlichen bis 18 Jahren scheinen nach Studien rund 4 Prozent süchtig und 6 Prozent suchtgefährdet zu sein.

Allzeit online zu sein ist durch die Verfügbarkeit der Neuen Medien keine Hexerei mehr. Das Internet ist aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken. Rund 91 Prozent der Österreicher:innen ab 14 Jahren nutzen es heute. Durchschnittlich sind die Österreicher:innen mehr als fünf Stunden online. Internetsucht gehört zu den Verhaltenssüchten und kann jung und alt betreffen. Die Suchtgefahr ist nicht alleine eine Frage der Stundenanzahl am Schirm sondern auch eine der Vielfältigkeit im restlichen Alltag.

Kinder- und Jugendliche besonders gefährdet

Vor allem für Jugendliche spielen Online-Games und Social Media eine große Rolle. Sie kommen immer früher mit digitalen Medien in Kontakt, nicht nur in der Freizeit, sondern auch für Alltag und Schule. Das Internet hilft Fertigkeiten zu vermitteln, wie etwa vielseitige Informationsbeschaffung und Kommunikation. Altersgemäße Computerspiele und Lernprogramme können die Augen-Hand-Koordination, Reaktionsvermögen, logisches Denken etc. verbessern helfen.

Besonders ängstliche Kinder oder solche, die vielleicht Probleme haben, Freunde zu finden oder in der Schule gemobbt werden, können versuchen im Netz „ihr Glück“, sprich Freunde, Bestätigung und Zuwendung zu finden.

 

Kinder müssen jedoch lernen, seriöse Infos herauszufiltern und mit Maß und Ziel zu surfen. Sie müssen über Gefahren wie Cybermobbing, Datenmissbrauch, Gewalt im Netz informiert und davor gewarnt sein.

Damit das Surfen und Spielen nicht „übermächtig“ wird in der Freizeit, sollen Eltern nicht müde werden dem Nachwuchs alternative Erlebnisräume und Möglichkeiten für Erfolgserlebnisse nahezubringen. Mit den Kindern sporteln, kreativ sein, Ausflüge durchführen, hinaus in die Natur gehen, Konzerte, Theater und Sportveranstaltungen besuchen. Sie sollen Freunde treffen, Instrument lernen etc.

Wenn Eltern folgende Zeichen wahrnehmen, sollten sie rasch die Hausärzt:in bzw. eine Familienberatungsstelle aufsuchen:

  • Kind hängt immer länger und öfter im Netz. Man hat da Gefühl, dass das Kind in einer anderen Welt lebt. Gefühle, Gedanken und Verhalten sind internetgesteuert.
  • Kind ist öfter traurig, gestresst, aggressiv und benutzt den Computer diese Gefühle etwa durch Online-Spiele abzubauen. Die Probleme können auch familiär oder schulisch sein und das Kind entflieht sozusagen am PC diesen Nöten und in die virtuelle Welt.
  • Wenn kein Computer verfügbar ist, wird das Kind gereizt, unruhig, aggressiv.
  • Fußball, Musizieren, Freunde-Treffen und andere Hobbies machen keine Freude mehr. Alle Kontakte im realen Leben werden unwichtig.
  • Jede Beschränkung der PC-Nutzungszeit löst ein Familiendrama aus.

Je nach Alter, von Anfang an mit dem Kind Vereinbarungen über die Nutzung und Zeit am Computer treffen, wie etwa: „Erst die Hausübung, dann das Spielen am Computer“. Sich aufgeschlossen zeigen und über die Spiele oder Interessen, die im Netz verfolgt werden informieren. Hängt ein Kind zu viel und lange im Netz und wenn Sozialkontakte oder schulische Leistungen vernachlässigt werden, Bedenken früh ansprechen und gemeinsam Lösungen finden.

Reale Erlebnisse und Kontakte forcieren

Das Risiko, sich in der virtuellen Welt zu verlieren und die reale Welt immer mehr auszublenden, ist vorhanden.  Der Internetsucht muss schon in jungen Jahren vorgebeugt werden:

  • Umgang mit Internet lernen, Medienkompetenz vermitteln
  • Stressbewältigung und den Umgang mit Gefühlen und Problemen lernen.
  • Stärkung von Selbstbewusstsein, sozialer Kompetenz, Resilienz und von Kommunikation „offline“
  • Abwechslungsreiche Familienzeit und Freizeitgestaltung in der realen Welt. Dem Kind das Leben in seiner Vielfalt schmackhaft machen.

Wer beruflich viel am Computer sitzt ist mehr gefährdet

Wonach erwachsene Online-Freaks süchtig werden können ist vielfältig: nach suchtartigem Nutzen von Foren, Computerspielen, Shopping, Streaming, etc. Vor allem Online-Rollenspiele, Glücksspiele, Communities und Erotikportale sprechen die Bedürfnisse des Menschen nach Kommunikation, Anerkennung, Zuwendung, Liebe, Glück und Sex an.

Computersucht kann in Verbindung mit psychischen Erkrankungen und anderen Süchten wie etwa Alkoholmissbrauch und Drogenkonsum auftreten.

Mögliche Warnsignale:

  • Fokussierung: online zu sein wird zum Lebensmittelpunkt
  • Kontrollverlust: Man kann die Zeit, die man im Internet verbringt nicht mehr steuern
  • Entzugserscheinungen: Unfreiwilliges Offline-Sein führt zu Aggressivität, Reizbarkeit, Unruhe, Gefühlsinstabilität, Konzentrations- und Schlafstörungen. Körperliche Symptome sind umstritten.
  • Verleugnung: Die Sucht wird verleugnet oder verharmlost. Aus eigenem Antrieb kann das problematische Verhalten nicht mehr verändert werden. Professionelle Hilfe ist angezeigt.
  • Vermeintliche Problemlösung: Der Internetkonsum wird zur vermeintlichen Gefühls- und Stimmungsregulation bzw. als Problemlöser eingesetzt.
  • Von der Belohnung zur Belastung: Was anfangs spannend und lustig war, wird zunehmend zur Belastung
  • Vernachlässigung der Sozialkontakte: Familie, Freunde, Hobbies, Sport werden unwichtig. Das kann bis zum Jobverlust führen.

Sind psychische Erkrankungen vorhanden, können sich diese durch exzessive Internet-Nutzung verschlimmern. Manche Nutzer nehmen sich kaum mehr Zeit zum Essen oder Schlafen, was zu Mangelernährung, Schlafentzug, Sehproblemen und Erschöpfung führen kann.

Depression, Angststörung, ADHS, geringes Selbstwertgefühl, erhöhte Stressanfälligkeit, Einsamkeit, Neigung zu sozialer Isolation, erhöhte Kränkbarkeit, emotionale Instabilität, hohe Impulsivität, Krisensituationen können die Neigung zur Sucht erhöhen.

Sich die Kontrolle über sein Verhalten zurückzuholen

Ist der Leidensdruck groß, kommt bei vielen die Einsicht und Bereitschaft, sich professionelle Hilfe zu holen. Der erste Weg kann zur Hausärzt:in sein, die je nach Bedarf an Familienberatung, zu Psychotherapeut:in, Klinischer Psycholog:in, Fachärzt:in für (Jugend)-Psychiatrie überweist.

Ziel ist es, hinter der Sucht versteckte Bedürfnisse zu erkennen und andere Wege zu finden, diese zu erfüllen sowie zu einem verantwortungsbewussten, kontrollierten Umgang mit dem Internet zurückzufinden. Abstinenz vom Netz ist im Alltag bei vielen kaum möglich.

Expert:innen können helfen, langsam die Lebensqualität und Kontrolle über sein Verhalten und den Alltag wiederzugewinnen.

Oftmals sind auch Partner, Freunde oder Familie von der Sucht anderer belastet. Auch sie sollen sich nicht scheuen, Beratung und Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Fotos: freepik

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